Von Mary Nazzal-Batayneh
Ernüchternde Zahlen
Es ist etwas herausfordernd, heutzutage in Jordanien ein Optimist zu sein, vor allem wenn es um Frauenrechte oder wirtschaftliche Probleme geht. Bei den Frauenrechten liegt Jordanien auf Rang 138 von 149 der Welt im Gender Gap Index 2018. Während manche diesen Index problematisch finden, zeigt er durchaus auf, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter in Jordan weit von dem entfernt ist, wo sie sein könnte und sollte. Auf wirtschaftlicher Ebene wird deutlich, dass immer mehr Unternehmen schließen und die Arbeitslosigkeit mit 18,7 Pro zent auf einem Rekordhoch ist. Hinzu kommt, dass nur etwa sechzehn Prozent aller Frauen erwerbstätig sind. Wie kann man in Anbetracht dieser Umstände vorsichtig optimistisch sein? Ich werde es versuchen, indem ich einen Einblick in mein alltägliches Berufsleben gebe.
Initiativen für Frauen
Als Gründungsmitglied von Landmark Hotels, einem jordanischen Hotelund Gaststättenunternehmen, hatte ich die Vision, ein familienfreundliches Arbeitsumfeld zu schaffen. Aufgrund sozialer Normen ist der Anteil von Frauen im Hotelgewerbe besonders gering. Inspiriert und couragiert durch die Kooperation mit EconoWin, einem Programm der GIZ, begannen wir, folgende Änderungen im Hotel vorzu nehmen: Wir waren beharrlich genug, eine Kindertagesstätte vor Ort für die Kinder unserer Angestellten zu eröffnen. Wir führten eine Null-Toleranz-Politik beim Umgang mit Belästigungen ein, ließen jeden Mitarbeiter eine Gleichberechtigungs- und Inklusionscharta unterschreiben, starteten ein „Female-buddy“-System und trainierten Frauen in nicht-traditionellen Arbeitsbereichen wie Installationsund Bauarbeiten. Im Ergebnis stand ein Anstieg der Frauen, die eingestellt, in der Firma gehalten und gefördert werden konnten. Landmark Hotels unterstützt mittlerweile eine nationale Kampagne, die mehr Frauen ins Hotelgewerbe bringen soll. Kleine, aber wichtige Schritte können unternommen werden, um Frauen zu ermutigen, erwerbstätig zu werden. Der Privatsektor muss den Wandel vorleben, damit jeder die Langzeitvorteile von arbeitenden Frauen sieht und von ihnen profitiert. An dieser Stelle trafen wir auf das EconoWin-Programm, das als öffentlicher Partner sehr eng mit uns, dem Privatsektor, zusammenarbeitet. Hildegard Vogelmann, Projektdirektorin von EconoWin, ist in mehr als vier Ländern der Mittelmeer- und Nahostregion aktiv und betont immer wieder: „In diesem Feld wählen glo bale Organisationen wie die GIZ die besten Partner aus, die Champions für inklusive Geschäftsansätze.“
Rückhalt durch die jordanische Regierung
Darüber hinaus muss der existierende politische Wille für einen Wandel gestärkt werden und in eine konkrete Unterstützung für den Privatsektor münden. Jordanien setzt sich für einen gemeinsamen “Women’s Economic Empowerment Action Plan” ein und verfolgt dabei das Ziel, die Zahl der arbeitenden Frauen bis zum Jahr 2025 auf 27 Prozent zu erhöhen. Der inklusive Ansatz bringt die ganze Bandbreite unserer Gesellschaft zusammen und ist essenziell, um dieses kritische Ziel zu erreichen. Ich bin eine Gründungspartnerin des neuen globalen Unternehmens 17 Asset Management, das sich dafür einsetzt, Kapital für Investments auf Basis der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) zu erlangen. Wir haben Jordanien als unser erstes Land, in dem wir aktiv sind, gewählt, weil wir glauben, dass es dort ein großes Potenzial für nachhaltiges Wachstum gibt. 17 Asset Management und SEAF (Small Enterprise Assistance Funds) arbeiten zusammen, um den „SDG Jordan Growth Fund“ zu gründen, der dazu beitragen soll, eine starke Finanzstrategie zu erstellen. Diese soll wiederum dazu beitragen, einen attraktiven finanziellen Ertrag zu generieren, während Risiken vermieden und nachhaltige Entwicklung in Jordanien katalysiert werden. Der Fonds wird anhand von finanziellen Gewinnen und generiertem sozialem Einfluss in Einklang mit den SDGs bemessen. Dazu zählen beispielsweise der Einfluss auf Frauen, Flüchtlinge und die Jugend in einem Land.
Jordanien als Pionier?
Jordanien hat die Möglichkeit, ein Vorreiter darin zu sein, globalen Investoren risikofreie und nachhaltige Investitionsmöglichkeiten zu bieten. Optimismus ist heutzutage leider ein Luxus, den nur wenige genießen können. Aber für mich ist dies ein Fall von vorsichtigem Optimismus. Es ist dieses Gefühl, das mich und viele Gleichgesinnte antreibt in Richtung einer Zukunft, von der wir uns erhoffen, dass viele weitere unserer Landsleute den Zynismus abschütteln und in der Leichtigkeit von Optimismus schwelgen können.